Freitag, 17. Juli 2015

ROM-dance in Fanlo

Freitag, 17. Juli 2015, Ranon, Ambrym, Vanuatu. ROM-dance in Fanlo

Um 9 Uhr sind wir bereits oben in Fanlo, dem kleinen Dorf, wo heute der zweite Tag des Dance Festivals stattfindet. Wieder sind wir eine Dreiviertelstunde den Berg hinaufmarschiert und kommen oben ziemlich verschwitzt an. Nachdem wir unseren Obulus entrichtet und auf einer ausführlichen Dorfführung u.a. die kleine, sehr einfach eingerichtete Schule gesehen haben, beginnt gegen 10 Uhr der ROM-dance, der fast zwei Stunden dauert.

Beim ROM-dance ziehen die Tänzer, von denen etwa die Hälfte mit aufwendigen Masken geschmückt ist und ein dichtes Kostüm von getrockneten Bananenblättern trägt, langsam in die Manege (Nakamal oder Nasara, der lokale Platz für Riten, der normalerweise nur Männern des Dorfes vorbehalten ist) ein. Der Sinn hinter diesem Tanz erschließt sich uns erst nach und nach, weil unser Guide, John, das ganze kaum erklären kann oder wir ihn nur schwer verstehen. Nach anschließenden Diskussionen mit anderen Seglern scheint es jedenfalls so zu sein, dass es letztlich um die vier neuen Masken bzw. deren Träger geht. Bei diesen handelt es sich um junge Burschen, die hier und heute ihr Recht erwerben müssen, mit diesen Masken tanzen zu dürfen, was ihnen unter der Bedingung gewährt wird, dass sie sich in die Gemeinschaft einkaufen, indem sie mit einem Schwein bezahlen (wenn es ein kleines ist, müssen sie noch Geld drauflegen), was physisch mit zusammengebundenen Beinen und auf einer Stange hängend, von zwei Männern angeschleppt und anschließend per Keulenschlag in der Manege von dem Aspiranten getötet wird. Der letztendliche Zweck des Ganzen besteht darin, dass sich die jungen Männer nun das Recht erworben haben, in diesem Dorf als Maskenschnitzer tätig sein zu dürfen (vereinfacht könnte man sagen, die ganze Show entspricht einem einmalig zu entrichtenden Innungsbeitrag). Die Schweine werden anschließend vor Ort zerlegt und an bestimmte, genau festgelegte Familien verteilt. Sie sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Die ganze Zeremonie ist ziemlich beeindruckend, die Kostümiering spektakulär, und unter den Zuschauern sind deutlich mehr locals als Touristen.

Nach dem lunch auf dem Dorfplatz marschieren wir heimwärts und sind gegen 14 Uhr auf dem Boot zurück, wo uns Beatrice und Uwe von der Afia (eine Jongert/Trewes 52, Bj 69), die wir hier kennengelernt haben, noch einen Besuch abstatten, weil sie morgen gen Süden aufbrechen werden und sich unsere Wege wieder trennen.

Etwas später fahren wir dann mit unserem Dinghy nochmal an Land, eigentlich, um Live-Musik zu hören, aber die Informationen hinsichtlich des Veranstaltungsortes sind irgendwie falsch übermittelt worden. Wir landen jedenfalls in einem kleinen Nachbardorf von Ranon, wo die Musikanten zuvor gewesen waren und jetzt eine Fundraising-Party für ein neues Kirchdach stattfindet. Wir trinken erstmals vanuatische Kava (tatsächlich stärker, als in Fiji) und kaufen uns auch etwas zu essen, um die Veranstaltung zu unterstützen. Dann machen wir uns zu den Beach-Bungalows auf, wohin die Musikanten gezogen sind. Kurz bevor wir dort ankommen, mittlerweile ist es schon dunkel, kommen uns die Gitarrenspieler aber auf dem Weg entgegen. Party vorbei. Na, da haben wir igendwie Pech gehabt.

Die russische Crew des Charter-Kats aus Neukaledonien will uns unbedingt noch zu sich an Bord einladen, was wir dann tatsächlich sehr genießen. Wir bekommen eine große Portion von dem Wahoo (Raubfisch), den sie vorgestern gefangen haben und noch einige andere Lebensmittel geschenkt, außerdem werden wir äußerst gastfreundlich mit (nein, nicht Vodka) zunächst einem gemixten Cocktail, dann Portwein mit einer umfangreichen Käseplatte incl. Roquefort aus den französischen Supermärkten von Neukaledonien und schließlich Crème brulée bewirtet. Aleksey und Elena betreiben eine Segelschule in Russland, bei der die Hochseetörns auf ihrer eigenen Bavaria 36 in der Türkei stattfinden. Ein sehr schöner Ausklang des bis dato nicht ganz so erfolgreich verlaufenen Abends.

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Der ROM-dance wird mit einem großen Einzug der Performer auf den Festplatz begonnen

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Diese Maskenpfähle sind ausgehöhlt und dienen als Trommeln. Zwei Männer schlagen den Takt zu den Gesängen

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Der Tanz dauert fast zwei Stunden. Die Kostüme und Masken sind schwer und die Jungs darunter müssen sicher ganz schön schwitzen, denn sie bewegen sich intensiv. Hin und wieder scheidet mal der eine oder andere Tänzer für ein paar Minuten aus, um sich abseits der Szenerie auszuruhen

 

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Unter den Zuschauern sind mehr Einheimische, als Touristen. Links im Bild Susie und Steven (kommen ursprünglich aus Wales, leben aber jetzt in NZ), die wir schon von Savusavu/Fiji her kennen.

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… eher was für die Mädels …

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Den Füßen der Einheimischen sieht man an, dass sie gewohnt sind, barfuß zu gehen. Meistens sind sie sehr breit und zerschrunden

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Irgendwann gegen Ende des Tanzes werden die Schweine gebracht, die hier noch am Leben sind

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Etwas später werden die Schweine mit wenigen Schlägen getötet. Das ist übrigens in keinster Weise der Höhepunkt der Show, sondern so etwas wie das Ende des “Geschäfts”. Die Tötung erfolgt durch die Männer, die zuvor 2 Stunden lang unter den Masken getanzt haben, jetzt bereits in “Zivil”. Die Zeremonienmeister stehen mehr oder weniger uninteressiert dabei und die einheimischen Zuschauer wirken gelangweilt. Niemand käme auf die Idee, die Kinder wegzuschicken oder ihnen die Augen und Ohren zuzuhalten

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Sechs Schweine werden mit einer kunstvoll geschnitzten Keule von unterschiedlichen Männern erschlagen. Solche Gerätschaften kann man später auch als Souvenir kaufen

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Hier erfolgt der offizielle Abschluss der ganzen Aktion. Diejenigen Aspiranten, die nur ein kleines Schwein gebracht haben, zahlen in bar noch einige Tausender drauf, dann sind sie per Handschlag in die Gemeinschaft der “Carver” aufgenommen.

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Am Rande der Szenerie werden die Schweine zerlegt und verteilt. Auch einer der Hauptzeremonienmeister, der zuvor nur mit dem Penisköcher (hier Namba genannt) bekleidet war, läuft bereits wieder im Alltagsdress herum

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Sogar eine Gallionsfigur könnte man hier kaufen, wobei mir aber diese Meerjungfrau eindeutig zu männliche Züge hätte

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Verabschiedung von den Zeremonien-Chiefs. Den rechten, dem Marie-Luce hier gerade die Hand gibt, hatten wir in der Früh übrigens in schwarzer Hose und schwarzem T-Shirt, in der Hand eine Laptop-Tasche (ob sich darin wirklich ein Laptop befand, wissen wir aber nicht), durchs Dorf gehen sehen.

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Beim Dorfrundgang am Vormittag, vor dem ROM-dance, besichtigen wir u.a. diese Kopra-Trocknungsanlage und drei einfache Klassenzimmer. Schulräume, die nur aus natürlichen Materialien gebaut sind, hatten wir bisher noch nirgends gesehen

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Anschauungsmaterial für die Schüler, offenbar vom Lehrer selbst erstellt

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Die Afia von Beatrice und Uwe, eine Trewes 52 von 1969. Rechtes Bild: Am Abend werden wir spontan auf den Charter-Katamaran von Aleksey und Elena (plus Freunde) eingeladen und fürstlich bewirtet und beschenkt.

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