Donnerstag, 29. Mai 2014

Cultural Village

Donnerstag, 29. Mai 2014, Apia, Samoa, überwältigende Eindrücke vom Samoa Cultural Village

Gegenüber der Marina gibt es eine Eisdiele, wo man sich mit Laptop hinsetzen und für 4 Euro pro Stunde ein relativ schnelles WLAN nutzen kann. Bis zum Schiff langt die Reichweite aber leider nicht. So kamen also gestern Abend mal wieder Bilder ins Netz. Außerdem schmeckt das Eis dort hervorragend und die Bedienung ist sehr freundlich. Gestern haben wir jeder 2 Stunden verbraten und da war es schon 20 Uhr, Schließenszeit, so dass wir gar nicht unseren gesamten Bedarf abdecken konnten.

Heute nach dem Frühstück und der Funkrunde (AA heute auf Suwarrow eingetroffen, derzeit 3 Boote dort) machen wir uns zu Fuß auf in die Stadt, um rechtzeitig zum Programm des Cultural Village einzutreffen, dass um halb Elf beginnen soll. Auf einer großen Wiese hinter dem Tourismuszentrum sind verschiedene Hütten, eine kleine Bühne und so etwas wie eine Tribüne aufgebaut. Alles dient dazu, eine gute Plattform zu bilden, um in zweieinhalb Stunden das kulturelle Erbe Samoas vorzuführen. Die Show ist perfekt inszeniert und kostet nichts. Es sind vielleicht 20 oder 25 Zuschauer dort. Der „Conferencier“ macht seinen Job mehr als gut. Der Bursche hat enormes Charisma, sprüht vor Energie, ist in Englisch (nicht seine Muttersprache) ausgesprochen eloquent und nimmt seine Aufgabe mit begeisternswerter Inbrunst wahr. Wir sind schier von den Socken. In keiner Weise hatten wir mit einer derart kurzweiligen, schönen, informativen, aktionsreichen, witzigen, musikalischen und tänzerischen Darbietung auf diesem hohen Niveau gerechnet.

Alles ist perfekt choreografiert, auch wenn die einzelnen Aktionen natürlich sehr simpel sind. Die Entstehung eines Erdofenfeuers wird vorgeführt nebst einwickeln eines Thunfischs in Palmblätter, dann folgen verschiedene Darbietungen über die traditionelle Nutzung der Kokosnuss, vom Klettern auf eine 20 m Palme (der Bursche ist in 10 Sekunden oben, so schnell kriege ich die Kamera gar nicht aktiviert, denn das hätte ich gern gefilmt), dem Abschälen des Basts, dem Öffnen der Nuss mit einem kleinen Stein (zweimal anklopfen, dann bricht die Nuss auseinander!) bis zum Auswringen der Kopra zu Kokosmilch. Der Bursche, der das vorführt, hat einen unglaublichen Humor drauf („und wenn wir keine Lust zu dieser ganzen Action haben, gehen wir zu McDonalds“, den es hier tatsächlich gibt). Feuermachen mit zwei Holzstöcken geht schneller, als man glaubt und mit dem entzündeten Kokosbast führen die „Kollegen“ dann einen Feuertanz vor.

Neben Gesang und Tanz, wobei die Live-Musik über eine ordentliche PA verstärkt wird, sehen wir auch die Herstellung traditionellen Stoffs aus Baumrinde. Aus der Rinde eines 2 cm durchmessenden, etwa 1 Meter langen Stocks entsteht durch Schaben und Klopfen in relativ kurzer Zeit ein Tuch von vielleicht 40 cm Breite. Während die alte Dame daran arbeitet, erzählt unser „Showmaster“ über die Hierarchie in den Familien. Chief wird derjenige, der von der Familie gewählt wird, und gewählt wird derjenige, der im Laufe seines Lebens der Familie die größten Dienste erwiesen hat, egal, ob Mann oder Frau. Bei der Abstimmung muss jeder begründen, warum er für oder gegen jemanden ist. Dem Familienoberhaupt, das also nicht unbedingt das älteste Familienmitglied ist, gebührt in den Fales (Dächer getragen von Baumstämmen, an der Seite offen) immer der Platz vor dem Stamm in der Mitte der Längsseite und niemand sonst würde sich dort hinsetzen.

Ein besonderer Höhepunkt ist auch eine Tattoo-Session, die wir anschauen können. Dort ist das Fotografieren untersagt. Wie wir heute erfahren, soll die Wiege des Tätowierens hier auf Samoa liegen. Das Design des Tattoos bestimmt der Künstler, nicht der zu Tätowierende. Diese großflächigen Tattos, über die Hälfte des Oberkörpers und der gesamten Beine, ausschließlich in schwarzer Farbe, benötigen 12 Sitzungen a 3 Stunden und sind offfenbar äußerst schmerzhaft. Sie werden nicht elektrisch, sondern manuell ausgeführt. Wenn jemand sich dazu entschließt (was in Samoa etwa 5 Prozent der Männer tun), muss er die ganze Prozedur durchziehen, wenn er nicht Schande über sich und seine ganze Sippe bringen will. Die Familie unterstützt den jungen Mann dabei sowohl finanziell (kostet etwa 1700 Euro) wie auch moralisch. Unser Moderator berichtet, als er seine erste Sitzung hinter sich hatte, habe er geglaubt, den größten Fehler seines Lebens gemacht zu haben, weil er noch 11 weitere peinvolle Sessions vor sich hatte.

Es ist eigentlich unglaublich, welch großen Aufwand die Tourismusbehörde betreibt, um Samoa in phantastischer Weise seinen Besuchern nahezubringen. Die Veranstaltung endet damit, dass alle noch ein traditionelles Mittagessen bekommen (aus dem Erdofen). In diesem Licht ist es noch unverständlicher, wie sich solche Scheusale im Customs Office halten können, denn die konterkarieren doch in extremer Weise die supertollen Bemühungen an anderer Stelle.

Anschließend noch ein kleiner Stadtbummel. Für Christines iPhone kaufen wir eine SIM Karte mit Datenvolumen, sind später aber enttäuscht über die langsame performance und dass wir den persönlichen Hotspot, der eingerichtet ist, nicht mit Laptop, eigener WLAN Antenne oder iPad verbunden kriegen. Ärgerlich.

Am Abend gehen wir mit Conny und Wolfgang Pizzaessen. Wir sitzen in einem wunderschönen Garten und sind ganz begeistert von der Tai Chicken Pizza, die ziemlich würzig und für uns in Sachen Pizza etwas ganz Neues ist.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Die Kathedrale ist noch eine Großbaustelle, wie wir sehen, als wir hineinschauen (Bilder unten)

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Über dem Haupteingang wird noch das Kreuz angemalt

P5291626

Und da soll am Samstag, d.h. in 2 Tagen, der erste Gottesdienst stattfinden? Jedenfalls sind die Leute emsig bei der Sache

P5291634

 P5291638

Supermarkt in der Stadt

P5291637

Auf dem Markt im Stadtzentrum

P5291647

Eine ganze Bananenstaude mit etwa hundert Bananen für nicht mal 3 Euro

P5291653

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Hinter den Verkaufsständen sitzt meistens die ganze Sippe. Einer arbeitet, die anderen unterstützen (moralisch?), jedenfalls sieht das für uns so aus

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Vorbereitung des Erdofenessens. Dies ist die erste der vielen Vorführungen im Rahmen der Vorführungen des Cultural Village

P5291667  OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Ein Thunfisch wird eingewickelt

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Verschiedene Speisen kommen in verschiedenen Lagen auf den “Scheiterhaufen”

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Alles erfolgt im Teamwork und in Windeseile

P5291680

Dieser “Conferencier” ist ein beeindruckender Typ. Eloquent, charismatisch und voller Begeisterung bei der Sache. Jede Tourismusbehörde der Welt könnte sich über so starke Vertreter der Verbreitung einer traditionellen Botschaft freuen

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

P5291693

Unglaublich, wie schnell es geht, bis es glimmt

P5291700

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Hier wird die Kopra geraspelt. Ganz traditionell mit einem Holzscheit, aber blitzschnell

P5291710

Für die Damen gibt es diesen Haarkranz, der frisch angefertigt ist

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Rauf in die Palme wie ein Eichhörnchen

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

P5291721

Aus diesem Stück Rinde wird später das Tuch, das auf den unteren Bildern zu sehen ist

P5291733

P5291734

P5291744

Und dann noch ein gratis Mittagessen mit Thunfisch und Gemüse, serviert in Palmblättern

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen