Freitag, 28. Juni 2013

Von Fakarava nach Toau

Donnerstag, 20. Juni 2013, von Fakarava Nord nach Toau, Anse Amyot

Um 0535 werfen wir die Maschine an und beginnen mit dem Einholen der Ankerkette. Die Dämmerung hat begonnen, aber es ist noch so dunkel, dass ich im Kettenkasten kaum etwas erkennen kann. Die Ankerwinsch hat wieder erhebliche Mühe und später stelle ich fest, dass nun offenbar auch der andere „Gang“ des Relais den Geist aufgegeben hat und die Winsch nur noch den Saft aus den achteren Batterien über die langen Kabel zieht. Also muss ich wieder ordentlich mithelfen (Bizepstraining). Es ruckelt ein paar Mal, aber insgesamt bekommen wir Kette und Anker ohne größere Probleme an Deck, ohne dass die gestern angebrachte Leine am Bügel des Ankers zum Einsatz kommt. Müssen nur aufpassen, sie nicht in die Schraube zu kriegen.

Um 0545 ist der Anker aus dem Grund und jetzt sind wir fast etwas zu früh dran, um zu NW um 0732 am Pass zu sein. Also nur gerefftes Kuttersegel und wir fahren mit 4 Knoten dahin. Um Viertel nach Sieben sind wir im Pass, 17 Minuten vor angesagtem Stillwasser, haben aber immer noch 1 kn Strom mitlaufen. Macht aber nichts. Im Pass selbst – der fast eine Meile breit, aber nur eine Viertel Meile lang ist - ist es sehr ruhig, aber einige Hundert Meter weiter draußen hat es ziemliches Kabbelwasser und Strömungsstrudel, die uns aber nicht arg tangieren, sprich weder besondere Schiffsbewegungen noch Wasser an Deck verursachen. Weil enorm viel Wasser durch diesen Pass rein- und rausgeht, können aber enorme Strömungen und hohe Stehwellen entstehen. Deshalb ist es ratsam, die Passage bei Stillwasser oder zumindest nah dran, anzugehen.

Wir rollen die Kutterfock jetzt ganz aus und fahren mit 20 Kn Südostwind von achtern mit 5 bis 5,5 Kn „gemächlich“ dahin. Im Schutz des Fakarava-Atolls ist die Welle noch unter 2 m, wird dann aber höher und die Rollerei nimmt zu. Den größten Teil der Fahrt segeln wir in etwa einer Meile Abstand an den wie an der Perlenkette aufgereihten Motus der Nordostseite von Toau entlang. Christine hat in der Nacht wenig geschlafen (Geräuschkulisse) und haut sich jetzt ein paar Stunden aufs Ohr. Gegen Mittag frischt der Wind auf 6 Beaufort auf, die Welle wird im Lee von Toau wieder kleiner und wir fahren mit halbem Wind nur unter der Kutterfock plötzlich 7 Knoten durchs Wasser. Um 13 Uhr sind wir vor unserem heutigen Ziel, dem falschen Pass, Anse Amyot, von dem ich zum ersten Mal im Buch der Iron Lady gelesen habe, die hier auch ein paar Tage verbrachten. Falscher Pass deshalb, weil diese Einfahrt zwischen zwei Motus auf der Westseite des Atolls (und damit meistens in Lee) von außen zwar wie ein Pass aussieht, aber keinen Durchgang zur Lagune hat, weil innen ein flaches Riff quer über die Enge verläuft. Damit ist diese „Bucht“ bei den vorherrschenden östlichen Winden vor Seegang geschützt, während einem der Wind voll um die Ohren pfeift und der Blick freie Sicht auf die Lagune hat. Auf dem nördlichen Motu von unserem Liegeplatz gibt es ein paar Hütten, die von einer gastfreundlichen Familie bewohnt werden, wie wir gelesen haben. Internet gibt es natürlich nicht.

Um 1320 machen wir an einer der 7 oder 8 ausgebrachten Moorings fest, von denen nur eine durch eine englische Yacht belegt ist. So wenige Boote auf einem Ankerplatz hatten wir selten. Der Wind ist so frisch, dass ich mich zwei Stunden lang sträube, ins Wasser zu gehen, um die Mooring zu checken. Schließlich lege ich dann doch Flossen und Taucherbrille an und tauche das Ding die 8 oder 9 Meter bis zum Grund ab. Das Ergebnis ist sehr zufriedenstellend: Wir hängen an einer 30 mm Leine, die an einer durch einen dicken Korallenblock geschorenen Kette befestigt ist. Alles in gutem Zustand. Also werden wir wohl eine ruhige Nacht verbringen, ohne Rucken der Ankerkette, wenn sie über einen Korallenblock schrammt und wohl auch ohne großes Gewackel unseres Eigenheims zur See. Nur den Wind werden wir im Gebälk pfeifen hören. Heute haben wir keine Lust mehr auf einen Besuch an Land und bleiben an Bord.

Die Temperaturen sind übrigens mittlerweile so, dass man manchmal das Gefühl hat, man könne durchaus auch ein langärmeliges Shirt vertragen. Aktuell ist es bei uns mit etwa 28 Grad jedenfalls kälter, als in der Heimat, wo 34 Grad herrschen. Ist auch gar nicht weiter erstaunlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Sonne in Vorarlberg derzeit deutlich höher am Himmel steht, als bei uns hier in der Südsee. Am 21. Juni steht die Sonne senkrecht über dem 23. Breitengrad Nord. Das sind zu unserer Heimat auf 47 Grad Nord gerade mal 24 Breitengrade Unterschied, wohingegen die Sonne von unserem derzeitigen Standort auf 16 Grad Süd immerhin 39 Breitengrade entfernt ist. Anders ausgedrückt: In Feldkirch steht die Sonne jetzt mittags in 66 Grad Höhe über dem Horizont, bei uns nur in 51 Grad. Ganz logisch, kommt einem aber trotzdem seltsam vor.

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Kurz vor Niedrigwasser gehen wir durch den Pass Fakarava Nord, der hier schon im Kielwasser liegt

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Stundenlang fahren wir in etwa einer Seemeile Abstand an den Motus der Nordostseite des Toau-Atolls vorbei

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Der falsche Pass “Anse Amyot” im Westen von Toau. Die Einfahrt erfolgt an der rechte Bildseite (und dann “scharf links”). Falsch ist der Pass deshalb, weil er innen von einem Riff “verschlossen” ist. Mit Kielbooten kann man jedenfalls keineswegs hindurch fahren. Innen ist die “Bucht” etwa 200 Meter breit, aber die Einfahrt ist mit etwa 50 m ziemlich schmal

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Nordseite der Anse Amyot. Hier wohnen drei Familien, die eine kleine Pension, eine Kokosplantage und ein Restaurant (nur bei Bedarf und Laune) betreiben.

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Erstmals haben wir eine optimale Lösung für das Festmachen an einer Mooring gefunden. Dazu muss allerdings der Anker aus seiner Halterung gewuchtet und anders gesichert werden. Nun läuft die Leine, die das Boot hält, vorn durch die Ankerklüse und kann weder am Bootsrumpf noch am Anker scheuern.

 

Freitag, 21. Juni 2013, Toau, Anse Amyot, Bootspflege, Spaghetti-Befall, Schnorcheln am Riff

In der Funkrunde um 0730 im Magellan Netz bekommen wir mit, dass die Alua mittlerweile in Tahiti angekommen ist und die Lupa mit Martin an Bord seit gestern von Nuku Hiva nach Apataki unterwegs ist.

Am Vormittag ist Bootsdienst angesagt: Scharniere am Tisch gängig machen (dauert wieder länger, als gedacht), Schamfilschutz an Festmachern anbringen, Toilettenservice und solche Kleinigkeiten. Anschließend mit dem Dinghy auf das bewohnte Motu, um mal Hallo zu sagen. Hier wohnen drei Familien, die miteinander verwandt und scheinbar in aller Welt bekannt sind. Sie betreiben eine einfache Pension, eine Kokosplantage und bei Bedarf ein Restaurant für Segler, die hier für ein paar Tage vorbeikommen. Heute Abend gibt es aber nichts zu essen, denn Madame möchte ungern für 2 Personen kochen. Sie haben einen kleinen Gemüsegarten, wobei die Süßwasserbeschaffung das Problem ist. Vorräte bekommen sie alle 2 Wochen von einem Versorgungsschiff aus Papeete (fast 500 km entfernt). Ansonsten fangen sie natürlich Lobster und erlegen Fische mit der Harpune. Eine Perlenzucht, die sie auch einmal betrieben haben, wurde aufgegeben, weil das offenbar mit zu viel Arbeit verbunden war und zu wenig eingebracht hat.

Am Nachmittag läuft die französische Super Maramu „Belissima“ ein, deren Besatzung wir erstmals auf Fatu Hiva und dann später in Nuku Hiva und vor ein paar Tagen in Fakarava Nord getroffen hatten. Dann kommt noch ein australischer Kat, deren Besatzung Richy und Baptiste sich gleich bei uns vorstellen. Beide Boote ankern in der Mitte des Passes.

Christine macht anlässlich des Spaghetti all’aglio e olio Mittagessens Bestandsaufnahme unserer Nudelvorräte und muss 5 Packungen Barilla Spaghetti vernichten (die Remoras unterm Schiff freuen sich), weil die schon teilweise von kleinen Viecherchen, die munter darin herumkrabbeln, verzehrt wurden.

Wir schnorcheln eine Runde vom Boot aus und sind überrascht, wie stark die Ebb-Strömung über das flache Riff nach draußen zieht. Wir können kaum dagegen anschwimmen. Als ich ins Wasser springe, sehe ich direkt unterm Boot einen Napoleon Fisch und einen Riffhai, beide vielleicht in 8 m Tiefe. Im flacheren Wasser bekommen wir eine Muräne, weitere Napoleons und viele bunte Rifffische zu Gesicht.

Auf ihrem Weg an Land kommen die Belissimas mit ihrem Schlauchboot bei uns vorbei. Sie wollen auch mal kurz bei der Familie hallo sagen. Wir laden sie für anschließend auf einen Drink bei uns an Bord ein. Als sie dann vom Dinghy Dock wieder ablegen, fahren sie aber schnurstracks wieder zu ihrem Boot und fangen gleich an, die Ankerkette einzuholen. Als wir die beiden mit ihrer Amel kommen sahen, hatte ich sie über VHF angerufen und ihnen empfohlen, an eine der stabilen Mooringbojen zu gehen. Nein, sie wollen lieber ankern. Kann ich einerseits verstehen (weil es einfacher geht und man die Verlässlichkeit seines Ankergeschirrs kennt, die der Mooring aber nicht), andererseits aber auch nicht (weil das Ankern in von Korallen gespickten Untergründen viele Nachteile hat, wie das Rucken der Kette oder später das Ankeraufgehen, wenn Kette oder Anker sich in den Blöcken verhaken). Hier verstehe ich es schon deshalb nicht, weil die Belissama auf etwa 18 oder 20 Meter Tiefe ankert. Wenn da was hängenbleibt, braucht man auf jeden Fall Tauchgerät zum klarieren. Wenn man das nicht hat, hat man ein Problem. Was die beiden nach ihrem Landgang plötzlich dazu bringt, den Anker wieder aufholen zu wollen, wissen wir nicht, aber es passiert genau das, was ich befürchtet hatte. Sie murksen eineinhalb Stunden herum, bekommen den Anker aber nicht aus dem Grund und bleiben schließlich für die Nacht doch dort liegen. Sie funken uns an und melden sich ab für heute. Wir wünschen viel Glück für die morgigen Versuche.

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Blick von der ersten Saling nach Süden. Das Riff liegt nur Hundert Meter weit weg. Zum Motu ist es etwas weiter

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Das bewohnte Motu Matarina. Die Einfahrt in den falschen Pass ist sogar durch eine beleuchtete Richtfeuerlinie gekennzeichnet. Unglaublich, was da für ein Aufwand für drei Familien betrieben wurde. Aber vermutlich ist das aus Sicherheitsgründen für das Versorgungsschiff, dass hier alle zwei Wochen ankommt, erforderlich, denn die Einfahrt in den Pass ist sehr eng

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Südliches Motu Katuri

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Das soll auch einmal im Bild festgehalten werden. Der Wimpel der Segler Vereinigung Münster e.V., in dem ich seit langem Mitglied bin und wo die Wurzeln meiner Segelleidenschaft gründen, begleitet uns auf dieser Reise. Der Verein hat kürzlich sein 50 jähriges Jubiläum gefeiert. An dieser Stelle seien ein herzlicher Glückwunsch und seglerische Grüße an alle Mitglieder übermittelt.

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Die Crew der Belissima bemüht sich bis zum Sonnenuntergang, ihren Anker wieder an Deck zu bekommen. Für heute Fehlanzeige. Kette und/oder Anker haben sich unter Korallenblöcken verhakt.

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