Dienstag, 18. Juni 2013

Ankunft in Kauehi, Tuamotus

Freitag, 7. Juni 2013, Ankunft in Kauehi, seit Mitternacht 45 Seemeilen

Gerade, als ich den letzten Blog um halb Eins abgeschickt habe, wird Christine wach und fragt, ob sie mich ablösen soll. Auch keine schlechte Idee. Für gut zwei Stunden könnte ich mich noch hinlegen, bevor wir so nah vor das Atoll kommen, dass ich unbedingt wach sein will. Um halb Vier werde ich dann wieder geweckt. Der relativ stetige Wind aus 080 bläst mit 13 bis 15 Knoten und hat uns flott vorwärtsgebracht. Jetzt heißt es bremsen. Noch 15 Meilen und noch 5 Stunden Zeit. So langsam können wir bei dem Wind fast gar nicht segeln. Ich reffe alles weg, bis auf zwei (!) Quadratmeter der Kutterfock. Damit machen wir immer noch 3 Knoten durchs Wasser.

Um Vier sehe ich die ersten Lichter an Steuerbord. Einzelne weiße. Könnten auch Ankerlichter von ein paar Yachten im Atoll sein. Um halb Sechs ist es dann schon so hell, dass ich in gut 3 Meilen Entfernung die ersten Motus von Kauehi sehen kann, die wie kleine Hügel ausschauen. Das, was auf der Seekarte wie ein geschlossener Kreis aussieht (weil die Wasserflächen zwischen den Motus so flach sind, dass man nicht drüberfahren kann) schaut in der Ralität ganz anders aus. Viele kleine Inselchen mit ein paar Palmen drauf wachsen da aus dem Wasser. Auch auf der anderen Seite unseres Kurses kann ich Land ausmachen, das zum Atoll Takaroa gehört. Diese Eilande sind allerdings flacher.

Das Wetter ist schön, fast keine Wolken und die See ist mittlerweile ziemlich zur Ruhe gekommen, so dass auch unser Boot relativ ruhig liegt (dass es doch nicht ganz ruhig liegt, sieht man immer dann, wenn man z.B. den Sonnenaufgang fotografieren will und mehrere shots braucht, bis der Horziont mal halbwegs gerade im Bild ist). Richtig schönes Segeln zum Ankommen. Die Zeit des Wartens vertreibe ich mir mit lesen in den Seehandbüchern und mit Gedanken darüber, ob, wo, wann und wie ein neuer Bowdenzug für den Motor aufzutreiben ist. Müssen wir deshalb den Aufenthalt auf den Tuamotus, den wir bisher mal mit ungefähr drei Wochen veranschlagt haben, kürzen? Können wir mit der Behelfslösung überhaupt mehrere Ankerplätze hier in den Atollen anlaufen? Später, wenn wir vor Anker liegen, werden wir das Ganze mal bei Tageslicht betrachten und schauen, ob wir dabei schlauer werden.

Wunderschöner Sonnenaufgang. Um halb Sieben haben wir unseren vorgesehenen Ankerplatz in 3 sm an Stb querab. Durchs Fernglas sind ein paar Masten zu erkennen. Bis dahin haben wir aber noch 12 sm Strecke vor uns, eigentlich wie ein großes „U“. Auf dem anderen Schenkel des „U“, also innerhalb der Lagune, sehen wir ein Segel. Der Kat ist auf Parallelkurs, ebenfalls Richtung Pass. Es handelt sich um die Elfrun mit Atmo und Petra, die ich in Curacao kennengelernt hatte. Die beiden haben damals Lisa mit nach Panama genommen. Schon witzig, wo man sich wiedertrifft. Eine halbe Stunde vor der Elfrun geht die Wendy Allen durch den Pass und berichtet über VHF, dass es eine sehr steile Welle gibt und ihr Schiff aussehe, als sei es durch eine Waschmaschine gegangen. Aber die sind ja auch 2 Stunden vor Stillwasser durch. Müsste für uns schon besser werden.

Um Punkt 9 sind wir im Pass. Uns läuft immer noch 3 kn Strom entgegen, mit dem Wind. Aber Kabbelwasser gibt es trotzdem, und zwar etwa 200 bis 300 Meter vor dem Pass. Die starken Strömungen erkennt man auch an den patches aus poolartig glattem Wasser. In diesen Strudeln muss man permanent am Steuer drehen, um auf Kurs zu bleiben, weil dem Boot sonst Richtungsänderungen durch die Strömung aufgezwungen werden. Mit etwas über 4 kn Fahrt durchs Wasser bewegen wir uns nur mit 1 Kn über Grund vorwärts. Der Pass Arikitamiro ist etwa 300 m breit. Die Sonne scheint und es ist wunderschön. Ein paar Minuten später sind wir in der Lagune, wo noch etwa 7 Meilen Strecke vor uns liegen. Hier gibt es keinen Schwell mehr, aber das Atoll ist so groß, dass man die Inseln (Motus) auf der anderen Seite gar nicht sehen kann. Ein Teil der Lagune ist kartographiert, aber für eine große Fläche gibt es keine navigatorischen Angaben. Die Wassertiefe ist im Mittel 30 Meter, aber es kann sein, dass in diesem tiefen Wasser schlagartig Korallenstöcke bis dicht unter die Wasseroberfläche wachsen. Christine steht deshalb am Bug und behält die Wasseroberfläche im Auge, während ich mich auf unser vorausschauendes Echolot konzentriere. Außerdem fahren wir mit reduzierter Geschwindigkeit. Im Südostteil des Atolls liegen 5 Boote vor Anker. Obwohl man hier leicht 1 Meile oder weiter entfernt von allen anderen ankern könnte, fahren wir zu der kleinen Gruppe und ankern um halb Zwölf auf 10 m Wassertiefe. Wir haben es mittlerweile schätzen gelernt, mit anderen Seglern in Kontakt zu kommen und das geht besser, wenn man in der Nähe ist. Allerdings ist diese Ankerfläche so riesig, dass mindestens 200 Meter Platz zwischen den einzelnen Ankerliegern bleibt. Schon bald kommen die ersten Nachbarn von der Mini Bee, um uns willkommen zu heißen.

Man kann bei 10 Metern Wassertiefe noch den Grund sehen. Allerdings ist es schwierig, in flacherem Wasser einen Spot zu finden, der frei von Korallenblöcken ist. Wir versuchen es, aber als wir 40 m Kette draußen haben, liegen wir mit dem Heck dennoch relativ nah vor einem Korallenstock, der bis dicht unter die Wasseroberfläche reicht. Da es über Mittag regnet, halten wir nach dem Einlaufbier und einem kleinen Snack erst einmal einen Schönheitsschlaf und verlegen nach einem Wieder-Wach-Werden-Kaffee um halb Vier unseren Ankerplatz 500 Meter weiter. Nun sind wir frei von unmittelbaren Gefahren, aber beim Antauchen des Ankers stelle ich fest, dass unsere Kette in 12 m Tiefe dicht an einem stabilen, etwa 2 Meter vom Boden aufragenden Korallenblock vorbeiläuft. Wahrscheinlich lässt sich das einfach nicht vermeiden, denn diese Brocken wachsen hier alle 20 oder 30 Meter. Ein Problem kann dann entstehen, wenn sich die Kette bei einer Winddrehung um den Block legt und nicht wieder frei zu bekommen ist. Nun, hoffen wir, dass das nicht passiert.

Wir liegen ein paar hundert Meter vor palmengesäumtem Sandstrand und das Wasser ist am späten Nachmittag spiegelglatt wie auf einem Binnensee. Das Boot liegt ruhig wie an Land. Ganz ungewohnt, sich nirgendwo festhalten zu müssen. Diesen Luxus haben wir seit der Shelter Bay Marina in Panama, und das ist immerhin fast 4 Monate her, nicht mehr gehabt. Umso mehr genießen wir den Sonnenuntergang und diese himmlische Ruhe mit einem Gläschen Whisky an Deck. Kurz vorher heißen uns Robin und Pauline von der Flap Jack willkommen, die gerade von einem Landausflug mit ihrem Dinghy zurückkehren. Die beiden haben bereits in Galapagos neben uns am Anker gelegen, allerdings ohne dass wir ihre Bekanntschaft gemacht hätten. Heute Nacht werden wir sicher lange und gut schlafen.

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Der Arikitamiro Pass führt in das Kauehi-Atoll. Wir sind 20 Minuten vor Niedrigwasser in der Einfahrt. Trotzdem strömt es uns noch mit 3 kn entgegen. Auf  der linken Seite der Einfahrt ist das Wasser sehr kabbelig (Bild unten).  Man kann sich gut vorstellen, wie das zur Mitte der Gezeit aussieht, wenn die Srömungsgeschwindigkeiten noch deutlich höher sind.

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Ein Motu an der Südostseite des Atolls. Rechts und links davon ist das Riff zu sehen, dass wahrscheinlich bei Hochwasser (nur etwa 80 cm höher) gerade vollkommen überspült wird

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Wird das unser erster Ankerplatz in den Tuamotus? Nein, wir fahren noch eine Meile weiter nach Norden (90 Grad nach links, bezogen auf dieses Bild), weil wir da noch weniger Welle erwarten und dort auch schon einige Yachten vor Anker liegen (nach dem Motto: Es wird schon einen Grund haben, wenn die alle da sind. Oder auch nicht, wenn hier der Herdentrieb zugrunde liegt …)

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Dieses Bild entsteht an unserem Ankerplatz. Die schwarzen Möwen sind unsere ständigen Nachbarn

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Am Abend bringen wir unser Dinghy ins Wasser

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So unbewegtes Wasser an einem Ankerplatz haben wir lange nicht erlebt. Eigentlich können wir uns überhaupt nicht erinnern, jemals so ruhig vor Anker gelegen zu haben. Hier gibt es auch nicht das kleinste bisschen Schwell. Man kann ein Weinglas abstellen (oder sogar ein langstieliges Sektglas, wenn man eines hätte) und nach 5 Minuten steht es immer noch

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