Mittwoch, 22. Mai 2013

Kollision mit Always Saturday

Mittwoch, 15. Mai 2013, Fatu Hiva, Kollision mit Always Saturday, mehrere Boote auf Drift, Ratte auf Alua

Um Eins in der Nacht werde ich wach, wahrscheinlich durch ein ungewohntes Geräusch oder eine ungewohnte Bewegung oder eine Kombination aus beiden. Ich springe an Deck und muss feststellen, dass wir gerade längsseits mit der Always Saturday zusammenstoßen. Ich rufe, um Ron zu wecken, Christine ist mittlerweile auch an Deck. Gemeinsam drücken wir die Boote etwas voneinander weg, dann bewegen sie sich schon wieder von selbst auseinander. Allerdings nicht weit. Zu allem Überfluss schütttet es aus vollen Kübeln und trotz der warmen Temperaturen wird einem schnell kalt, wenn man nur mit Unterhose bekleidet in Wind und Regen steht. Da die Always Saturday nach uns geankert hat, liegt die Verantwortung bei ihr und das wissen Ron und Nancy natürlich auch. Als ich ihnen anbiete, abwechselnd Ankerwache zu gehen, lehnen sie das rundheraus ab. Also verkrümele ich mich wieder in die Koje, während unsere Nachbarn sich im Turnus die Nacht um die Ohren schlagen und aufpassen.

Kurz vor dem Morgengrauen ruckt unser Schiff in den Böen mehrmals, aber jeweils nur kurz. Ich bin mir nicht sicher, ob die 30-Knoten-Böen unser Rigg so durchschütteln, oder ob es der Anker ist, der über die Steine gezogen wird. Ich weiß, dass unser Rocna zwischen losen Steinen mit vielleicht 20 cm Durchmesser liegt und sich nur mit der Spitze in den darunter befindlichen Sand eingegraben hat. 2000 Umdrehungen hat er beim Einfahren ausgehalten, und das mit nur 50 m Kette. Mittlerweile haben wir 70 Meter draußen. Als wir schließich um halb Neun aufstehen, wird mir klar, dass wir unseren Anker etwa 10 m über den Grund gezogen haben müssen, denn wir sind der hinter uns liegenden Amel deutlich näher gekommen. Die Belissima steckt 10 m Kette zusätzlich und so haben wir wieder den alten Abstand. Die Always Saturday ist in der Zwischenzeit ankerauf gegangen und liegt nun hinter der Amel auf 25 oder 30 Meter. Später erfahren wir von Ron, dass ein Katamaran vor uns in der Nacht umgeankert hat, weil er driftete. Die Böen und der Schwell haben es ganz schön in sich.

Den Tag über sind die meisten Besatzungen an Bord und beobachten ihr Ankergeschirr und die Bewegungen der Boote. Die Schwojkreise werden bei den großen Kettenlängen natürlich ebenfalls groß und deshalb verändert sich das Bild in Abhängigkeit von den Böen – je nachdem, ob sie mehr von Nord oder Süd aus dem Tal herauspfeifen – ständig. Am Nachmittag geht der Katamaran Twenty Twenty Vision, deren Besatzung nicht an Bord ist, auf Drift. Alarmiert wird das Feld auf Kanal 16 von Sueno, die dahinter liegen und gerade von Twenty Twenty gerammt werden. Bevor ich unser Dinghy im Wasser habe, sind bereits mehrere andere Crews unterwegs und versuchen, mit ihren Dinghies zu schleppen. Jedenfalls so lange, bis jemand den Motorschlüssel gefunden hat und den Kat manövrieren kann. Die Besatzung kommt erst zwei Stunden später an Bord. So lange bemüht sich die Rettungscrew um ein gelungenes Ankermanöver. Mit Einbruch der Dunkelheit verlässt Twenty Twenty dann den Ankerplatz. Wir überlegen, ob wir heute Nacht Ankerwache gehen sollten. Der automatische Ankeralarm nützt uns wenig, denn wir dürfen maximal 15 Meter achteraus treiben. Wenn wir den Radius des Alarms aber auf 15 Meter einstellen, würde er dauernd anschlagen, weil wir permanent seitlich aus diesem Kreis herausschwingen würden.

Wir hätten ja gerne schon nach Hiva Oa verlegt, weil wir hier nun alles gesehen haben, endlich mal einklarieren müssen und auch unsere Vorräte wieder einmal aufstocken sollten, ganz zu schweigen davon, dass auch eine Internetverbindung wieder mal fein wäre. Aber der Ankerplatz vor Atuona in Hiva Oa ist nach Südosten offen und derzeit gibt es 3,5 m Schwell, der ungebremst dort aufläuft. Dort muss es zur Zeit die Hölle sein. Also müssen wir noch ein paar Tage hierbleiben. Erst Sonntag gehen Wind und Wellen zurück.

Die Aluas sind den ganzen Tag mit Troubleshooting beschäftigt und können deshalb weder unserer Einladung zum Kaffee noch zum Sundowner folgen. Unter anderem entdecken sie eine lebende Ratte an Bord, die sie glücklicherweise in einem kleinen Schapp einsperren und dort mit einem Spray vergiften können. Obwohl das Viech ja mindestens seit Galapagos, wenn nicht Panama, an Bord sein muss, finden sie weder Kot noch irgendwelche angeknabberten Lebensmittel oder Kabel. Die Ratte sei auch ganz schön dünn gewesen. Nun, wo nichts reingeht, geht vielleicht ja auch nichts raus. Ratte auf Diät? Auch wir haben heute unser Frusterlebnis. Als Christine ihren kompletten Kleiderschrank ausräumt, findet sie großflächigen Schimmel auf mehreren langen Hosen. In meinen Schrank will ich heute lieber nicht mehr hineinschauen. Darin sieht es bestimmt noch schlimmer aus. Aber lieber Schimmel als Ratte.

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