Samstag, 1. Juni 2013

Hakaui Bay und Wasserfall

Donnerstag, 30. Mai 2013, von Taiohae in die Hakaui Bay, Nuku Hiva, Wanderung zum Vaipo Wasserfall

Als wir gestern abend an Bord zurückkamen, waren sämtliche Bananen unserer Staude, die unterm Geräteträger hing, heruntergefallen und im Cockpit und auf der Badeplattform verteilt. Auch sonst hatten wir noch zwei erwähnenswerte Lebensmitteltopics, die uns aber schon in den vergangenen Tagen geärgert haben. Beides MHD-Themen. Beim Kauf von Coca Cola achtet man ja wohl kaum auf das Ablaufdatum, aber als wir die ersten der 24 Dosen Cola Zero tranken, fiel uns beiden der seltsame Geschmack auf. Polynesische Extra-Rezeptur? Nein, das kann ja wohl nicht sein. Mal unter die Dose sehen. Und richtig: Abgelaufen im Februar 2013. Kaum zu glauben, wie stark sich das geschmacklich durchschlägt. Bei Schokolade achte ich ja nun immer auf das Ablaufdatum, aber entweder habe ich mich verlesen, oder diese eine 200g Tafel Cadbury ist mir durchgewandert. Best beford date Dezember 2011, also 1,5 Jahre drüber, und das bei diesen Temperaturen. Die Tafel musste sofort entsorgt werden.

Heute morgen ist wieder frühes Aufstehen um Sechs angesagt. Die Nacht war etwas rollig. Während des Frühstücks hören wir plötzlich lautes Platschen und Schlagen unterm Schiff. Da müssen aber viele Fische unterwegs sein. Ein größeres Exemplar (vielleicht 1 m lang), dass ich dann kurz darauf an der Wasseroberfläche erkennen kann, ist möglicherweise zwischen Welle und Schiffsboden geschwommen und hat dann beim Spaddeln gegen den Schiffsboden geklopft. Und zwar richtig laut und erstaunlich lange.

Ankerauf um Acht und das geht diesmal ziemlich gut. Der Einsatz der zusätzlichen Kabel und der zwei Batteriebänke zeigt Wirkung. Die Winsch schafft es ohne meine Mithilfe, Kette und Anker aus 10 m Wassertiefe an Deck zu befördern. Das erlebe ich als großen Fortschritt. Hat sich die Arbeit jedenfalls gelohnt.

Nach einer guten Stunde unter Maschine sind wir in der Bucht Taioa. Als wir ankommen, hört es gerade auf zu regnen. Die Bucht liegt zwischen hohen Bergen, teilweise schroff und felsig, teilweise grün und bewaldet und ist relativ gut geschützt. Von unserem Ankerplatz aus kann man das offene Meer gar nicht mehr sehen und so könnte man glauben, in einem Bergsee zu liegen, wenn da nicht doch noch etwas Schwell und das Wasser nicht salzig wäre. Hierher fährt man in erster Linie, um eine Wanderung zum mit 350 m angeblich dritthöchsten Wasserfall der Welt (dem höchsten in Franz. Polnesien) zu machen. An die Bucht schließt sich ein etwa 5 km langes Tal an, dessen Ende aus steilen Felswänden und eben diesem Wasserfall besteht. Bucht und Tal sind nur vom Wasser aus zugängig. Die Nirvana liegt schon hier und zwei andere Boote, die später noch kommen, kennen wir auch schon. Um kurz nach Zehn launchen wir unser Dinghy, fahren noch kurz bei den „Mädels“ der Interlude vorbei, die 10 Minuten nach uns hier angekommen sind und machen uns dann auf zum Strand.

Wir können den kleinen Süßwasserfluss 200 Meter hinauffahren und unser schwimmendes Dinghy an einer Palme festbinden. In diesem Tal wohnen ein paar Leute, die offenbar eine Plantage betreiben. Als wir an der ersten Hütte vorbeikommen, werden wir gleich von einer Frau angesprochen, die uns begrüßt und sagt, wir sollen näher kommen. Der Weg zum Wasserfall sei einfach zu finden, zwei Stunden hin und zwei wieder zurück. Sie heiße Kua. Ob wir Obst brauchen würden? Sie zählt gleich auf, was wir kriegen können und nennt die Preise dazu. Halb so teuer wie zuletzt in Hiva Oa. Wir bestellen und sie will alles herrichten, bis wir auf dem Rückweg wieder vorbeikommen. Ob wir eventuell auch essen möchten? Für 8,50 Euro gibt es Ziege und/oder Fisch mit Breadfruit, als Dessert Obstsalat. Na klar, auch das bestellen wir gleich mit für später.

Der Weg ist wunderschön und führt zunächst durch den Garten Eden, wie man meinen könnte. So üppig wächst hier alles in dieser Plantage. Später erfahren wir, dass in dieser Mini-Plantagen-Siedlung mit Namen Hakaui 20 Menschen wohnen und arbeiten. Wir sehen ein paar uralte Jeeps ohne Türen, die man irgendwie über das Wasser und den Strand hierher gebracht haben muss. Später wird der Weg enger und matschiger. Auf dem Hinweg regnet es meistens, aber wir verzichten darauf, unsere Regencapes anzuziehen. Blödsinnigerweise glauben wir anfangs noch, wir sollten die Füße trocken behalten, aber den Zahn kriegen wir ohnehin bald gezogen, denn nach einer Viertelstunde müssen wir erstmals den kleinen Flusslauf queren und dabei knietief durch das Wasser, was nicht ganz ohne ist, da das Bachbett steinig und wegen des trüben Wasser gar nicht zu sehen ist. Danach wird der Weg enger und steiniger und rutschiger. Urwald links und rechts. Nach einer Stunde bekommen wir den Wasserfall aus der Ferne zu sehen. Von hier sieht man etwa die oberen 200 Meter, der untere Teil ist durch Felsen verdeckt. Weil wir schon vorgewarnt sind, sind wir später nicht allzu enttäuscht, als wir am Fuß des Wasserfalls nur noch die unteren 20 Meter sehen können. Der ganze Rest liegt hinter Felswänden verborgen. Bis wir aber dort angekommen sind, wir brauchen übrigens nur 90 Minuten, müssen wir den River noch dreimal queren. Das Wasser im Becken am Fuße des Falls soll zwar tief sein, aber da es genauso braun ist, verzichten wir auf das Baden. Wir sind ohnehin ziemlich nass durch den Regen.

Auch für den Rückweg benötigen wir die gleiche Zeit und als wir ankommen, ist unser bestelltes Obst und Gemüse (etwa 15 kg Pampelmusen, Mango, Breadfruit, Limetten, Bananen, Starfruit) schon verpackt und das Essen bereits gekocht. Die Zubereitung erfolgt äußerst primitiv. Die „Küche“ befindet sich im Freien. Kua’s Mann heißt Teiki und sieht mit seinen Tattoos und der großen Nadel im Ohr ziemlich kriegerisch aus. Er ist aber unglaublich nett und fordert uns auf, uns an den Tisch zu setzen, wo für uns beide, die Gastgeber und den Bruder von Kua, Poiti, gedeckt ist. Als Getränk wird für jeden von uns eine frische Kokosnuss aufgeschlagen, die sicher einen halben bis dreiviertel Liter Milch enthält. Alles, was auf den Tisch kommt, ist Eigenproduktion. Die (wilde) Ziege ist von Teiki mit dem Speer erlegt worden, der Fisch mit der Harpune. Der Fisch ist nach hiesiger Tradition kalt zubereitet und schmeckt hervorragend. Die Ziege ist mit Kokosmilch (pur, wie betont wird) und Zwiebeln gekocht. Wir werden permanent ermahnt, ja bloß richtig zuzuschlagen und nachzuschöpfen. So primitiv hier alles zugeht: Für die Kokosnuss bekommen wir Strohhalme und es gibt Papierservietten. Die Konversation verläuft in einem Mischmasch aus Englisch (was sie nicht gut können), Französisch (womit wir uns etwas schwertun) und Zeichensprache. Die Atmospähre ist total herzlich. Als ich die Frage stelle, ob sie etwas von dem Mord wüssten, der vor einem oder zwei Jahren auf Nuku Hiva an einem deutschen Segler begangen wurde (mittlerweile haben wir übrigens einige Segler getroffen, die den Ermordeten kennengelernt hatten), stellt sich heraus, dass der Mörder, der nun in einem Gefängnis in Tahiti sitzt, der Cousin von Kua und Poiti ist. Ansonsten wissen sie aber weniger darüber, als in den deutschen Medien berichtet wurde. Es stellt sich noch heraus, dass Poiti der Kopf und Sänger einer Elf-Mann-Band namens Takanini ist, die auch eine Internet Seite haben und CDs herausbringen. Müssen wir bei nächster Gelegenheit abchecken. Man ist hier, wie wohl überall auf den Marquesas, ziemlich katholisch und vor dem Essen wird gebetet. Vorher war uns schon aufgefallen, dass es für die 20 Leute hier auch eine kleine Kapelle innerhalb der Plantage gibt.

Als wir schließlich um halb Vier am Nachmittag zum Dinghy zurückkommen, ist Niedrigwasser und es gibt ein paar Probleme, das Boot über die flachen Stellen der Flussmündung ins Salzwasser zu kriegen, wo erschwerenderweise auch kleine Brandungswellen auflaufen. Wir werden nun auch noch salzwasserdurchnässt, was nicht in der Planung war, aber schließlich kommen wir dann doch wieder zu unserem Mutterschiff. Auf dem Weg dahin sehen wir in Ufernähe im seichten Wasser wieder mal die dreiecke Rückenflosse eines Hais, in vielleicht 10 m Entfernung. Wir fahren hin, aber da ist das Tier schon verschwunden und wegen des relativ trüben Wassers kann man es auch nicht weiter verfolgen.

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Einfahrt in den Flusslauf, der schließlich zum Wasserfall führt

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In der Verlängerung der unteren linken Bildecke liegt der Eingang zum Fluss

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Blick auf den Beginn des Tals von Hakaui, das rechts und links von steilen und hohen Bergen gesäumt ist und einzig vom Wasser aus zugängig ist. Dabei gibt es keine feste Pier

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Auf unserem 90 minütigen Marsch zum Wasserfall (one way) müssen wir das Flussbett viermal queren

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Nach etwa einer Stunde bietet sich uns dieses Bild. Insgesamt 350 m hoch ist dieser Wasserfall. Hier sehen wir sicher nur einen Teil davon

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Hindernisse gibt es am Boden und in der Luft

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Ein Blick in die Höhe

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Das Ende des Weges. Für viele ziemlich enttäuschend, denn das ist tatsächlich alles, was man hier noch vom Vaipo Wasserfall zu sehen bekommt. Wir waren schon durch die Berichte der Anni Nad und anderer vorgewarnt, insofern ist das für uns keine Überraschung

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Auf dem Rückweg sehen wir noch mal wieder etwas mehr vom Wasserfall, der als dritthöchster der Welt gilt

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Obwohl das hier eine bewirtschaftete Plantage ist, schaffen es die 20 Menschen offenbar nicht, alles abzuernten, was reif ist. Verkauft wird nach Tahiti und an lokale Restaurants. In den Supermärkten kann man keine lokalen Früchte oder Gemüse kaufen.

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Kaum zu glauben: Für die 20 Leute hier gibt es eine kleine Kapelle und eine Telefonzelle. Die drei Autos, die wir sehen, müssen per Schiff irgendwie am Strand abgeladen worden sein, denn eine Straße aus dem Tal heraus gibt es nicht. Die Autos werden zum Transport innerhalb der Plantage benötigt

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Teiki sieht ziemlich kriegerisch aus, ist aber ausgesprochen nett und gastfreundlich. Außerdem katholisch und offenbar fromm, denn vorm Essen wird ein Gebet in Landessprache gesprochen, incl. Kreuzzeichen. Seine Frau Kua und er versuchen uns, so gut es geht, die Bedeutung seiner Tattoos, insbesondere die des Gesichts, zu erklären. Sie hängen sehr mit den Traditionen und seinem persönlichen Leben zusammen. Die Schwerpunkte der Bilder beziehen sich auf die Religion, den Fischfang und den Obstanbau

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So leben Kua und Teiki. Ein Blick ins Wohn- und Schlafzimmer. Gekocht wird open air

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Gedeckter Tisch für uns und die Plantagenbesitzer, sowie den Bruder von Kua, der zu Besuch hier ist

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Obstsalat, direkt vom Baum

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Poiti, der Bruder von Kua, ist Musiker und Chef einer elfköpfigen Band namens Takanini

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Für ein Foto posieren sie gerne, die Drei. Teiki, Kua und Poiti. Im Hintergrund hängt die Marquesas-Flagge. Die Rauschwaden kommen übrigens von Kokosschalen, die verbrannt werden, um die Fliegen und Moskitos zu vertreiben

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Unser Ankerplatz in der Hakaui Bay. Auch hier sehen wir wieder eine Haiflosse. Das Wasser ist ziemlich trübe, Sichtweite höchstens 1 m. Am Strand hinten können wir am Abend mindestens 10 Kühe beobachten, von denen manche ein Fußbad im Meer nehmen

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