Montag, 28. Januar 2013

Curacao nach San Blas, 4. Seetag

Mittwoch, 16. Januar 2013, Curacao nach San Blas, 4. Tag auf See, 166 Meilen, viel Wind und Wellen

Die zweite Nachthälfte hat es in sich. Die im Gribfile ausgewiesenen Windstärken sind halt Durchschnittswerte und auch nicht immer genau. Es bläst jedenfalls statt der ausgewiesenen 24 Knoten (Windstärke 6) über längere Strecken mit 30 bis 35 Knoten, in der Spitze sogar mit 40 (Beaufort 7 bis 8). Die Wellen erreichen 4 Meter Höhe, sind aber normal lang und nicht so gefürchtet kurz, wie direkt unter der kolumbianischen Küste, wo ein Gegenstrom die Wellen aufsteilt und kurz macht. Wir haben zwar etwas mehr Wind, als geforecasted, aber insgesamt stellt sich die Strategie, einen weiten Bogen um das kolumbianische Kap zu fahren, und mit den 90 Meilen Abstand zur Küste einen Umweg von 50 sm in Kauf zu nehmen, als richtig heraus. Trotzdem macht die Gipsy wilde Bewegungen in alle Richtungen. Selbst in der Koje liegend, bekommt man die Beschleunigungen in den Böen und das Heruntersurfen auf den Vorderseiten der Wellen mit. Es ist, als würden magische Kräfte am gesamten Schiff zerren und wenn es „bergrunter“ über die Rumpfgeschwindigkeit hinaus geht, erfasst ein summen und surren das ganze Schiff. Wenn hohe Wellen gegen das Heck drücken, gibt es abrupte Krängungen und Querbeschleunigungen, vor allem im hinteren Bereich des Bootes, wo wir schlafen. Da wir auf See querschiffs liegen, ist das dann so, als würde das Bett in Längsrichtung kräftig gezogen und kurz danach wieder zurückgestoßen, wobei währenddessen alles zusammen auch noch in verschiedene Richtungen geneigt wird. Der Schlaf ist entsprechend unruhig.

Wir sind überrascht über den geringen Schiffsverkehr. Außer einem riesigen Stellnetzfischer, der wie ein Christbaum beleuchtet ist und den wir um 0100 1 sm an Stb passieren, sehen wir schon seit zwei Tagen kein einziges anderes Fahrzeug. Die Berufsschiffahrt von und zum Panama-Kanal wird wohl den direkten Weg an der Küste Kolumbiens entlang nehmen. Kurze Wellen werden denen Wurscht sein. Wir rechnen damit, den „Dampfertrack“ heute in der Nacht zu kreuzen und spätestens dann ein paar Ozeanriesen begegnen. Bis Mitternacht ist das allerdings nicht der Fall.

In der Funkrunde mit der Alua am morgen und am Abend stellen wir fest, dass sie sich 10 sm nordöstlich von uns befinden, sich also in der Nacht wegen etwas divergierender Kurse etwas weiter nördlich gehalten haben, dann aber im Laufe des Tages parallel zu uns gefahren sind und die relative Position beibehalten haben.

Im Laufe des Vor- und Nachmittags lassen Wind und Wellen nach. Wir reffen die Genua aus und setzen die Kutterfock dazu. Es wird ein richtig schöner Segeltag. Die wilden Bewegungen des Schiffes sind einem gemächlichen Schaukeln gewichen und der Wind mit Starke 4 bringt uns mit der vergrößerten Segelfläche dennoch mit 5 bis 6 Knoten gut voran. Hoffentlich schläft er uns auf den letzten Metern nicht ein. Um Mitternacht liegen noch 60 Meilen vor uns, so dass wir, wie geplant, am Donnerstag in Porvenir ankommen werden. Notfalls werden wir die Maschine anwerfen, um möglichst noch bei hochstehender Sonne, also bis etwa 15 Uhr, anzukommen.

Während des Tages verbringen wir die meiste Zeit im Cockpit. Heute schlafe ich eine Stunde am Nachmittag, weil ich heute Nacht einen Teil von Christines Wache mit übernommen hatte, da sie ab Mitternacht wegen der Bolzerei stundenlang nicht einschlafen konnte und ich sie dann erst um halb sechs geweckt habe. Neben der Zeit, die für Körperpflege, Essen und Essenszubereitung draufgeht, hört Christine auf dem iPod Hörbücher, ich lese auf dem iPad. Das eigentliche Segeln braucht so gut wie gar keine Zeit. So lange der Spi-Baum an Bb stehen bleiben kann, sind alle anderen Segelmanöver ruck zuck erledigt.

P1166297

Dir richtig hohen Wellen erwischt man mit dem Fotoapparat natürlich nicht, denn man müsste u.U. eine Stunde oder länger warten. In gewissen Zeitabständen kommen jedenfalls zwei bis drei besonders hohe Wellen, die nochmal einen Meter mehr haben, als das obere Drittel. Der Durchschnitt  dieses oberen Drittels wird übrigens in den Vorhersagen als Wellenhöhe angegeben. Heute Vormittag schwappt uns nochmals eine größere Menge Wasser direkt von achtern ins Cockpit. Jetzt sind die Fenster geschlossen und es spritz auch kaum, weil alles durch den “Eingang” reinläuft.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen