Sonntag, 6. Mai 2012

Christine geht von Bord

Freitag, 4. Mai 2012, Sunbay Marina, Christine packt

Morgens kommt Quino vorbei und bringt unser neues Kutterstag und Rollfock-Equipment. Die Sendung ist immerhin von Schweden per Normalfracht in 3 Tagen hier gewesen, allerdings um den Preis von 200 Dollar. Der Tag vergeht mit ein paar Kleinigkeiten, u.a. dem schneiden eines rechteckigen Lochs ins Deck, um dort den Beschlag für das Kutterstag durchführen zu können.

Am Abend bin ich dann ziemlich verärgert, weil einige Details dieses Beschlags nicht so ausgeführt wurden, wie ich es gewollt hatte. Da liefere ich eine exakte Zeichnung, aber der Mechanikershop bekommt die Anweisungen "frei Schnauze", was u.a. dazu führt, dass die Bohrlöcher der unteren und oberen Edelstahlplatte nicht mehr übereinanderliegen, weil die große Ausnehmung für die untere Platte falsch gelasert wurde. Müssen sie halt nacharbeiten.

Ansonsten bestimmt nun schon langsam der Trennungsschmerz unseren Tag. Christine packt am Nachmittag ihre große Reisetasche, die am Ende knallevoll wird. Sie darf nur 23 kg Gepäck aufgeben, jedes Kilo mehr kostet 20 Euro. Eine Waage haben wir nicht an Bord, aber wir sind ziemlich sicher, dass mehr als das erlaubte Gewicht drin ist.

Am Abend kommt Ian auf einen Drink vorbei (den er selbst mitgebracht hat) und Varny und Gregg fragen uns, ob wir mit Essen gehen wollen, aber uns ist heute nicht danach. Also verbringen wir den letzten Abend gemeinsam an Bord.

 04a selden furlex

Die Rollfockeinrichtung für das Kutterstag ist eingetroffen

04b masteschlag

Dieser Beschlag kommt in eine ausgestanzte, schon vorhandene Öffnung kurz unterhalb des Masttops

04c reisegepaeck

Die Capitana packt ihre Siebensachen

04d decksbeschlag

Decksbeschlag für das Kutterstag. Bei 4 cm Decksstärke muss doch jedem sofort klar sein, dass sich die durchgehenden Schrauben so nicht in die vorgebohrten Löcher bringen lassen. Jedenfalls nicht, wenn sie senkrecht durchs Deck gehen sollen (was selbstverständlich der Fall ist). Also muss hier nachgearbeitet werden.

 

 

Samstag, 5. Mai 2012, Sunbay Marina, Christine reist heim

Nun wird es langsam ernst. Gemeinsames Frühstück im Cockpit, es ist schon um 8 Uhr sehr heiß. Kein Lüftchen regt sich, die Sonne brennt und steht noch so tief, dass unser Bimini keinen brauchbaren Schatten wirft. Während wir die letzten Kleinigkeiten besprechen und auf den Leihwagen warten, kommen die Rigger und arbeiten im Mast. Dort muss der Beschlag eingenietet werden, der das Kutterstag mit dem Mast im Top verbinden wird.

Der Fahrer, der uns das Auto bringt, ist pünktlich um 11 da. Wir fahren mit ihm zum El Conquistador Hotel, um dort die Vertragsgeschichten zu erledigen und machen uns um halb zwölf auf den Weg nach San Juan. Es sind kleine 53 Kilometer, nach einer Stunde sind wir da. Weil wir immer genug Sicherheit für Eventualitäten einplanen, haben wir nun noch 4 Stunden Zeit bis zum Abflug. Der Condor Schalter ist noch nicht offen und so essen wir erst einmal zu Mittag. Um 1330 kann Christine dann einchecken. Ihre große Tasche kommt auf die Waage. Diese zeigt 30,4 kg an. Au ha, denke ich, das kann jetzt 160 Euro kosten, wenn es blöd hergeht. Die Typen hinter dem Schalter diskutieren kurz, aber dann ist schnell klar, dass wir ungeschoren davonkommen. Der freundliche Angestellte macht uns auf das Übergewicht aufmerksam: Wir müssen damit rechnen, andernorts draufzahlen zu müssen, aber da das Gepäck bis Zürich durchgecheckt ist, wird wohl nichts mehr schief gehen.

Noch ein Gang über den Flughafen und zu den Ankunftshallen, ein Kaffee in einem Cinnamon Shop (alles irgendwie mit Zimt versetzt, nur den Kaffee kann man auch "ohne" kriegen), die Uhr tickt. Wir sind beide etwas traurig und haben einen Kloß im Hals. Als ich Christine dann am Gate verabschiede, kullern auch ein paar Tränen.

Um 15 Uhr verlasse ich das Parkhaus und fahre in ein gewaltiges Gewitter hinein. Jede Menge Regen, man kann teilweise kaum mehr als Schritttempo fahren. In Fajordo kaufe ich noch etwas Obst und Gemüse ein. Als ich aus dem Laden komme, ist es 1625; wenn Christines Flieger pünktlich ist, müsste er jetzt abheben. Dann hat sie einen kurzen Zwischenstop in Antigua, der Insel, wo wir unseren Landfall nach der Atlantiküberquerung am 21. Dezember 2010 hatten. Die Maschine geht weiter nach Frankfurt. Dann umsteigen nach Zürich. Wenn alles pünktlich klappt, kommt sie dort um 13 Uhr an.

An Bord anzukommen und allein zu sein, ist ungewohnt und fühlt sich nicht besonders gut an. Einhandsegeln wäre definitiv nichts für mich. Wir sind insgesamt fast zwei Jahre gemeinsam mit der Gipsy IIII unterwegs gewesen. Wenn man die 3 Monate, die wir im vergangenen Jahr zu Hause waren, abzieht, haben wir 562 Tage an Bord verbracht. Es war eine sehr schöne Zeit, in der wir viel erlebt und gesehen haben, und es ist schade, dass sie nun zu Ende geht. Aber so, wie Christine für meine Leidenschaft Verständnis aufbringt, kann ich auch nachvollziehen, dass für sie das Leben an Bord insgesamt doch mit mehr Mühen und Ängsten verbunden ist, als dauerhaft zumutbar sein kann. Ich bin ihr unendlich dankbar dafür, dass sie so lange durchgehalten hat.

 

05a abschiedsfruehstueck

Letztes gemeinsames Frühstück im Cockpit. Heute ist es um diese Zeit schon richtig heiß

05b abmarschbereit

Abmarschbereit

05c auf der pier

In der Sunbay Marina mit Blick auf das D-Dock

05e letzter blick zurueck 

Letzter Blick zurück. Der Mast der Gipsy IIII ist gut zu identifizieren, weil der Rigger im Top arbeitet

P5054684

05f kaffee am flughafen

Kaffee aus Styroporbechern im Flughafen. Noch einmal lächeln für die Kamera, obwohl uns im Augenblick nicht danach zu Mute ist

05g ab ins gate

Bye, bye

05h kutterstag auf der pier  

Als ich um kurz vor fünf an Bord zurück komme, liegt unser neues Vorstag samt Profil auf der Pier. Eigentlich hatte es heute schon oben angeschlagen werden sollen, aber wahrscheinlich sind die Jungs vom Gewitter überrascht worden und haben die Arbeit für heute vorzeitig beendet.

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